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Zur Baugeschichte des Landgerichts

Raumnöte: 1906 - 1965


Angesichts des allgemeinen Aufschwungs im ausgehenden 19. Jahrhundert und des daraus resultierenden Aufgabenzuwachses dauerte es nicht lange, bis die Räumlichkeiten nicht ausreichten. So beschäftigte sich die Landesversammlung bereits 1906 mit der Frage, wie der Raumnot begegnet werden könnte. Dabei standen der Verbleib von Oberlandesgericht und Staatsanwaltschaften zur Diskussion. Letztere verließen 1912 das Gebäude Münzstraße 17 und wurden nunmehr im angekauften "Alten Stadthaus" untergebracht, dem Landgericht (dem nördlichen Flügel) unter der Anschrift Wilhelmplatz 1 (heute Domplatz 1) unmittelbar benachbart.

Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die Geschäfts- und Personallage wiederum so rasant, dass eine Erweiterung des Justizgebäudes unumgänglich wurde. An den Südflügel des Gebäudes Münzstraße 17 grenzte das Haus Nr. 16. Es wurde 1922 erworben. Im ersten und zweiten Obergeschoss wurden beide Gebäude jeweils mittels eines Durchbruchs verkehrsmäßig miteinander verbunden, so dass fortan das Landgericht und das Oberlandesgericht auf ihren Etagen auskömmlich untergebracht waren.

Das änderte sich 1944 dramatisch. Das Gebäude Münzstraße 16 wurde im Zuge der einsetzenden massiven Bombenangriffe der alliierten Streitkräfte völlig zerstört. Das Gerichtsgebäude Münzstraße 17 erlitt schwere Spreng- und Brandbombenschäden. So wurde die Eingangshalle weitgehend zerstört und der rückwärtige Mitteltrakt mit Schwurgerichtssaal und den benachbarten Räumen brannte vollständig aus.

Der Wiederaufbau wurde nach Ende des Krieges alsbald in die Wege geleitet, aber beschränkt auf das angestammte Gebäude Münzstraße 17 und den bescheidenen Möglichkeiten der Nachkriegszeit entsprechend in einfacher Ausführung, ohne aufwendige "Decorirung". Nach einer Bestandsaufnahme zum 01.11.1946 waren von 105 Räumen, die 1939 in den Gebäuden Nr. 17 und Nr. 16 zur Verfügung gestanden hatten, 45 wieder benutzbar. Die Raumnot ist leicht vorstellbar. Gleichwohl wurde vom Wiederaufbau des Bürogebäudes Münzstraße 16 endgültig abgesehen, vielmehr zunächst für Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft ein neues, 1956 fertiggestelltes Gebäude errichtet. Es ersetzte das "Alte Stadthaus", das ebenfalls im Zweiten Weltkrieg schwere Schäden erlitten hatte.

Die Land- und Oberlandesgericht bedrückende Raumnot machte einen Erweiterungsbau unumgänglich, der sich aber immer wieder verzögerte, was die Bediensteten zunehmend verbitterte. Das nachfolgende Schreiben vom 06.07.1962 des Personalrats bei dem Landgericht an den Landgerichtspräsidenten verdeutlicht die Situation:

"Betreff: Diensträume im Erdgeschoss

Die vom Bund erlassene Baustoppverordnung für öffentliche Gebäude nimmt der Personalrat zum Anlaß, nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Diensträume im Erdgeschoß des Landgerichts nicht den Vorschriften der Bauverordnung der Stadt Braunschweig v. 29.05.1957 entsprechen und aus diesem Grunde für den dauernden Aufenthalt von Menschen ungeeignet, wenn nicht gesundheitsschädigend sind. In erster Linie sind die Lichtverhältnisse derart mangelhaft, daß selbst an hellen Tagen auf Kunstlicht nicht verzichtet werden kann. Die starke Belegung der Zimmer läßt es allenfalls zu, daß die Schreibkräfte in der Nähe der Fenster arbeiten. Die Geschäftsstellenbeamten sitzen meist mitten im Raum und bekommen an ihren Arbeitsplätzen kaum noch Tageslicht. Die in der oben genannten Verordnung geforderten Fensterflächen von 1/10 bis 1/8 der Bodenfläche, welche ohnehin als äußerste Grenze anzusehen sind, werden in den wenigsten Fällen erreicht. Von einer ausreichenden Belüftung kann in den zur verkehrsreichen Münzstraße gelegenen Räumen überhaupt keine Rede sein, da sich das Öffnen der Fenster des Verkehrslärmes und des eindringenden Staubes wegen verbietet. Bei geschlossenen Fenstern ist die Luft derart dumpf und läßt den Verdacht aufkommen, daß insbesondere in den Zimmern des Südflügels Sumpfgas auftritt, wie es bereits in Zimmer 7 nachgewiesen worden ist. Die gesamte Münzstraße steht über einem alten Okerlauf. Möglicherweise sind auch alle übrigen Zimmer, wenn auch nicht in so fühlbarem Maße, von diesem Übelstande betroffen. Die bei vielen Bediensteten des Landgerichts häufig auftretenden Kopfschmerzen, Übelsein und eine rapide Verschlechterung des Sehvermögens sind zweifellos die Folgen der herrschenden Mißverhältnisse, ein vorzeitiger Abbau der Gesundheit und damit der Arbeitskraft das Endergebnis. Im Hinblick auf den Neubau, der im kommenden Jahre beginnen sollte, wurden die obwaltenden Umstände bisher stillschweigend ertragen. Es ist jedoch mit der Fürsorgepflicht des Staats seinen Bediensteten gegenüber nicht in Einklang zu bringen, daß der Erweiterungsbau noch weiter hinausgeschoben wird und der menschenunwürdige und gesundheitsschädigende Zustand fortdauert".

Die Ausführungen sind vor dem Hintergrund zu sehen, dass z. B. auf 12 m² Grundfläche drei Arbeitsplätze eingerichtet waren und auf 18 m² fünf.

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LG Braunschweig  

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