Zur Baugeschichte des Landgerichts
Das 1881 fertiggestellte Gebäude
Der repräsentative Neubau wurde am 15.09.1881 bezogen. Wie in anderen Städten Deutschlands war auch in Braunschweig ein (kleiner) Justizpalast entstanden, hier im Stile der italienischen Quaderrenaissance. Neben dem 1877 fertiggestellten Polytechnikum und der 1880 vollendeten Herzoglichen Polizeidirektion, dem Justizgebäude in der Münzstraße genau gegenüberliegend, verhalf er Braunschweig zu weiterem Glanz. Mit einer Front von rund 90 Metern zur Münzstraße und einem Nord-, Mittel- und Südflügel, in der Draufsicht einem großen "E" vergleichbar, hatte das dreistöckige Gebäude für das damalige Braunschweig eine durchaus beachtliche Größe. Es stellte schon durch seine äußere Erscheinung klar, dass die Justiz hier repräsentativ in Erscheinung trat.
Der repräsentative Charakter setzte sich im Inneren fort, indem der Neubau des Baurats Lilly auch hier an Pathos und Prunk vergleichbarer Justizgebäude aus dieser Zeit in nichts nachstand. Beim Eintritt in das Gebäude gelangte man in eine großzügige Eingangshalle, aus der heraus eine reich verzierte neobarocke Treppenanlage in das erste und zweite Obergeschoss führte. Der Braunschweiger Anzeiger vom 30.08.1881 meinte denn auch in einem Vorbericht, das Treppenhaus bilde in seiner großartigen Anlage und überraschend schönen, harmonischen Decorirung einen Glanzpunkt des Gebäudes.
Es heißt unter anderem: "Die Farbe der Wandflächen ist ein lichtes Braungelb, von welchen sich die Stuckornamente prächtig abheben. Die Stufen der breiten Doppeltreppe sind aus Velpker Sandstein, die Decken aus schwarzem Serpentinstein der sächsischen Fabrik Zoeblitz gearbeitet und die Handläufer mit dunkeln Marmorplatten bedeckt. Die Ornamentik des Treppenhauses wird von Geschoß zu Geschoß eine reichere und dieser Steigerung schließen sich auch die in jedem derselben zu Verwendung gekommenden Säulenarten an, so daß im unteren Geschosse die mehr einfache dorische, im zweiten die jonische und im obern Geschosse, dessen reiche Stuckdecke von einem aus fünfzehn Kassetten gebildeten Oberlicht durchbrochen ist, die mit Festons geschmückte corinthische Säule angebracht ist. Auf den Treppenpostamenten erheben sich sieben- und vierarmige Kandelaber aus polirtem Kupfer, der Fußboden, sowie die Treppenpodeste sind aus in Zement eingelegten Marmorwürfeln, sogn. Terrazo, von italienischen Arbeiters hergestellt. Die gesamte Stuckarbeit des Treppenhauses ist von der Firma Th. Strümpell und Comp. hieselbst in bekannter künstlerischer Weise ausgeführt".
Zur Nutzung der Räumlichkeiten wird den Lesern berichtet: "Aus dem Treppenhaus gelangt man in die hellen Korridors, an welchen zunächst die Registraturen der Zivilkammer, der Strafkammer und der Hilfskammer, die Kasse, die Gerichtsschreibereien und die Zimmer für die Anwälte liegen. Die hofwärts gelegenen Räume des ersten Geschosses enthalten außerdem Wohnungen für Unterbeamte, die Wohnung des Heizers und den Maschinenraum. Zu beiden Seiten des Schwurgerichtssaals ziehen sich Korridors hin, an welchen die Zimmer für die Zeugen, das Versammlungs- und Beratungszimmer für die Geschworenen, Zimmer für den Staatsanwalt, die Richter, die Angeklagten und die Anwälte liegen. Der ganze übrige Teil des zweiten Geschosses ist zur Aufnahme des Herzoglichen Landgerichts und der Staatsanwaltschaft bestimmt. Im Hauptgebäude an der Münzstraße befinden sich zunächst je ein Beratungszimmer und ein Sitzungssaal für die drei Abteilungen für Zivilprozeß, außerdem die Zimmern des Präsidenten und des Directors. Der nach dem Wilhelmplatze liegende Flügel wird in diesem Geschosse von den Zimmern des Directors für Strafsachen, des Staatsanwalts und einem größeren Sitzungssaale für Strafsachen mit daneben liegenden Berathungszimmer eingenommen".
Bildrechte: Staatsarchiv Wolfenbüttel
Der Schwurgerichtssaal
Waren also Landgericht und Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht im Erd- und ersten Obergeschoss untergebracht, so residierten im zweiten, feineren Obergeschoss das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht. Der Aufenthalt von Richtern und Staatsanwälten für einen ganzen Arbeitstag und dementsprechend jeweils ein Dienstzimmer für diesen Personenkreis war nicht vorgesehen. Der höhere Dienst arbeitete bis auf Beratungen und Sitzungen zu Hause, die Akten wurden gebracht und auch wieder abgeholt.
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